Wer es verstehen kann, der verstehe es. Wer aber nicht, der lasse es ungelästert und ungetadelt. Dem habe ich nichts geschrieben. Ich habe für mich geschrieben. (Jakob Böhme)
Gemeinsam erleben
Völlig erschöpft, aber mit einem unendlichen Wohlgefühl lag ich, nach einer wunderbaren Feier gestern Abend dann endlich um Mitternacht im Bett.
Ich muss ein wenig ausholen, um begreiflich zu machen, wie so ein Tag entstehen kann.
Vor ca 40 Jahren zog ich in einen Wohnblock in Hannover mit 10 Mietparteien in unserem Mittelhaus, rechts und links davon ebenso viele Mieter.
Die Straße war gepflegt und relativ ruhig, da alle Häuser große Vorgärten hatten und hinten große Spiel-und Wäschegärten.
Welch ein herrliches Leben tat sich da auf, denn in unserem Haus Nr. 15 war Frieden und fröhliches, hilfsbereites Miteinander.
Das Haus beinhaltete 2 Einzimmerwohnungen, 4 Zweizimmerwohnungen, 2 Vierzimmerwohnungen und 2 Fünfzimmer-Maisonettewohnungen, alle auch mit Balkon zum Garten raus.
So lebten im Erdgeschoss Bruder und Schwester, Rentner, in nebeneinander liegenden Wohnungen und ein junges Paar, darüber eine Familie mit 2 Kindern, daneben wir, darüber eine Familie mit 3 Kindern und eine alleinstehende Mitvierzigerin. Darüber zwei Familien mit jeweils 2 Kindern und in der Einzimmerwohnung hatte ich meine Oma untergebracht.
Wir hatten zu der Zeit noch kein Kind und waren voll berufstätig. Dennoch wurden wir herzlich aufgenommen und oft, wenn ich müde von der Arbeit nach Hause kam und mich auf dem Balkon blicken ließ, erscholl aus dem Garten oder von einem Balkon: “Komm rüber, bring Kaffee mit, wir haben noch Kuchen.“
So wurde es selbstverständlich, dass wir die Freizeit gemeinsam verbrachten, Feiern zusammen gestalteten, bei mir, als „Profi“, mit den Kindern zu Geburtstagen und Weihnachten gebastelt wurde.
Wir vermieteten zur Messe jedes Bett und feierten herrliche Feten mit den Messegästen, es wurde gegrillt, getanzt und unendlich viel gelacht, es wurde geweint und getröstet, wir besuchten die Sauna und nahmen an Stadtfesten teil, wir ließen auch die Männer mal mit den Kindern allein und genossen einmal im Monat unseren Frauenschwoof mit Tanz, Kino oder Bar, einfach mal losgelöst von der Familie.
Als meine Tochter geboren war, ich erst mal eine Arbeitspause einlegte, wechselten wir uns untereinander mit der Kinderversorgung ab, so hatte jeder mal frei und wusste seine Familie in guter Obhut.
Diese sehr enge Freundschaft hat heute noch Bestand, obwohl von uns niemand mehr im Haus wohnt. Wir sind auseinandergedriftet, einige schufen sich ein Eigenheim, andere verstarben mittlerweile, was jedes Mal sehr schmerzhaft ist, weil wir natürlich in mittlerweile 40 Jahren sehr miteinander verwachsen sind. Wir sehen uns noch regelmäßig, da wir alle Geburtstage nach wie vor gemeinsam feiern, wir begleiten die Freunde, die uns verlassen, auf dem letzten Gang und trösten uns gegenseitig. Jeder hat natürlich noch weitere Bindungen, Freunde, Bekannte aus den neuen Jahren, aus der Schulzeit, doch keiner kann das enge Band dieser wunderbaren Jahre zerstören.
Nun hatten wir wieder, wie alle 10 Jahre, ein großes Treffen. Die Kinder von damals sind erwachsen und haben selber Kinder.
Die Tochter des einen Freundespaars lebt in USA und kam mit Familie, alle unsere Kinder und Enkel, Freunde unserer Kinder von damals mit ihren Kindern.
Anne und Rolf haben ein ca 10000qm Grundstück. Dort wurde ein riesiges Partyzelt aufgebaut, jeder brachte nach Absprache Salate, Fleisch, Nachtisch etc mit. Den Löwenanteil an der Arbeit hatten natürlich die Ausstatter des Treffens, doch wir versuchten, zu helfen. Riesendank an Euch.
Das Wetter spielte mit, so konnten die Kinder in dem weitläufigen Park-Garten Ball- und andere Tobespiele veranstalten.
Wir „Alten“ sahen dem Treiben zu und wie oft fiel ein „weißt du noch“, wenn eine Situation an früher erinnerte.
Auch bei unseren Kindern hören wir nun schon dieses Erinnern und müssen lächeln.
Stille Freude in uns, dass wir so viel Glück hatten, die Kinder in einer doch recht schönen Umgebung mit dem Gefühl der Gemeinsamkeit aufwachsen zu lassen.
Danke für diesen Tag, danke für dieses GEMEINSAM, danke für die FREUNDE.
Flora von Bistram
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